Sonnenhof

Informationstafel am Sonnenhof im Hinteren Räumicht:

Der Sonnenhof ist ein ehemaliger Kleinbauernhof. Er gehört zusammen mit zwei benachbarten Anwesen zu Hinterhermsdorf; alle anderen Häuser im Räumicht zu Saupsdorf.
Räumichten begegnen wir oft in der Hinteren Sächsischen Schweiz. Sie entstanden als Spätsiedlungen auf einem, vom Wald beräumten, zur Siedlung überlassenen ehemaligen herrschaftlichen Waldstück. Dieses Räumicht entstand um 1550 und ist damit zirka 300 Jahre jünger als die umliegenden Waldhufendörfer.
Auf der ältesten Karte unserer Landschaft, die der Markscheider Matthias Öder 1592 im Auftrage des Kurfürsten anfertigte, sind neun Häuser, eine Brett-Mühle (jetzt Rölligmühle) und die heutige Räumichtmühle als „Melcher Franzlin (mahl)mül I gang“ eingezeichnet. Die Gnauckmühle gab es noch nicht. Deutlich ist das Anwesen des heutigen Sonnenhofes dicht am Saupsdorfer Steig erkennbar.
Die Ansiedlung lag in der Vergangenheit keinesfalls abseits des Weltgeschehen, denn der Saupsdorfer Steig ist eine uralte, früher stark frequentierte Verbindung zwischen dem nördlichsten Böhmen bzw. der Oberlausitz und den böhmischen Ausschiffungsplätzen in Herrnskretschen.
Als Hinterhermsdorf 1693 eine eigene Kirche bekam und Saupsdorf dahin eingepfarrt wurde, war der Saupsdorfer Steig der Kirchweg der Saupsdorfer. Ab dem Hirschwald über die so genannten Hahne wird der Weg in alten Dokumenten als lebenswichtig beschrieben. Eine Variante des Saupsdorfer Kirchsteiges führte direkt durch den Sonnenhof, am Gegenhang hoch zu der Kuppe und von dort quer über die Hinterhermsdorfer Felder. Nachdem Saupsdorf 1842 eine eigene Kirche bekam, begann der Saupsdorfer Steig zu verfallen.
Das Räumicht hat Pastor Wilhelm Lebrecht Götzinger den Natur- und Wanderfreunden schon 1804 mit seinem Buch „Beschreibung der so genannten Sächsischen Schweiz“ bekannt gemacht. Er schildert darin in bunten Farben eine Wanderung vom Wachberg über Saupsdorf nach Hinterhermsdorf. So ist es auch kein Wunder, das bald die ersten Touristen hierher kamen.
Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich jedoch eine klassische Wanderroute heraus, die von Sebnitz über den Tanzplan, Wachberg, Weifberg und Hinterhermsdorf zur Oberen Schleuse führte. Das und die 1868 gebaute Straße zwischen Saupsdorf und Hinterhermsdorf sowie die 1872/74 fertig gestellte Straße durch das Kirnitzschtal nach Hinterhermsdorf bewirkte, dass der Touristenstrom am Räumichttal vorbei ging. Um 1910 wurden in Hinterhermsdorf 80 Betten an Fremde vermietet. Aber im Räumichttal findet sich nicht ein einziges in dem Vermietungsverzeichnis. Da Tal träumte in seiner ländlichen Romantik einsam vor sich hin.
1919 kaufte Martin Hartlich aus Reinhardtsdorf das kleinbäuerliche, 9 ha große Anwesen. Es besaß aber nur 3,6 ha Feld. Das ermöglicht die Haltung von drei, manchmal vier Kühen und ein paar Schweinen. Die Felder würden mit den Kühen bestellt, was den Milchertrag schmälerte. Davon konnte Martin Hartlich seine Familie nicht ernähren. Er verdiente sich zusätzlich ein paar Mark als ambulanter Schuhverkäufer. Er war anfänglich zu Fuß und später mit dem Fahrrad weit im Lande unterwegs.
Als der Tourismus nach der Inflation Ende der zwanziger Jahre einen neuen Aufschwung bekam, baute Martin Hartlich im Frühjahr und Sommer 1928 seinen Hof zu einer Sommerfrische aus. Das marode Umgebindehaus wurde abgetragen. Im massiven Neubau richtete der fünf Fremdenzimmer her. Dazu kamen ein Aufenthaltsraum und eine Wasserleitung. Zwischenzeitlich hatte auch der Fortschritt in Form des elektrischen Stromes das Tal erreicht. Deshalb konnten alle Fremdenzimmer mit elektrischem Licht, fließend Wasser und mit Wandwaschbecken ausgestattet werden. Bei diesem Umbau bekam der Sonnenhof Wasserklosetts mit einer dazugehörigen Dreikammerklärgrube. Einen solchen Komfort hatte damals noch keiner der umliegenden Gasthöfe aufzuweisen. Er nannte sein Anwesen nun:
Sommerfrische Räumichttal
bei Hinterhermsdorf (Sächsischen Schweiz) Die Bergsteiger der Ortsgruppe Sebnitz des Verbandes freier bergsportlicher Vereinigungen (VfbV) entdeckten schnell das neue Anwesen als Übernachtungsstätte und machten es zu ihrem Verbandsheim.
Der 1919 auf Initiative des sozialdemokratischen Gewerkschaftsfunktionärs Fritz Schulze gegründete VfbV war Sammelbecken von Felskletterern und Wanderern, die sich aus politischen Gründen den bestehenden Altvereinen nicht anschließen wollten und nach einer neuen bergsportlichen Entwicklung für alle Berufsklassen strebten.

In der kurzen Zeit seines Bestehens hat der VfbV einen bedeutenden Beitrag an der Entwicklung der noch heute geltenden sächsischen Kletterregeln, der Bergwacht, der Bergsamariter und des Heimatschutzes geleistet. Der VfbV gründete eine Vielzahl von Kulturgruppen, wie Mandolinenorchester und Gesangsvereine.
Die Ortsgruppe Sebnitz des VfbV brachte viele Ideen und Aktivitäten in das Verbandsleben ein. 1928 wurde von ihr der heute noch bestehende Sebnitzer Bergsteigerchor aus der Taufe gehoben. Gleich danach entstand eine Schuhplattlergruppe. Die Mitgliederzahl stieg rasch auf fast 100 an. Dazu gehörten auch die Kletterklubs „Edelweiß“ und „Alpenglühen“ Sebnitz, „Wildensteiner“ Ulbersdorf, „Steinadler“ Porschdorf, „Wander- und Kletterfreunde“ Hertigswalde.
Daas Verbandsheim im Räumichttal war in dieser Zeit von besonderer Bedeutung für den VfbV. Neben den 5 Zimmern mit fließendem Wasser gab es in der Scheune ein billiges Massenquartier. Es standen ausreichend Strohsäcke für annähernd 100 Personen zur Verfügung. Martin Hartlich war nun der Herbergsvater für ungezählte Wandervögel.
Das Heim war in den Folgejahren immer ausgebucht. Man erwanderte von hier aus die Felsenwelt der Hinteren Sächsischen Schweiz und die angrenzende Böhmische Gebiete. Im Winter was das Verbandsheim Ziel und Ausgangspunkt vieler Ski-Wanderungen. Aus den Berichten der Vereinszeitschrift geht hervor, dass das Räumicht eine Wiege des sächsischen Wintersports war.
In den Jahren 1927/28/29 kostet eine Übernachtung bei Hartlich im Saupsdorfer Räumicht 3,50 Mark mit Vollpension. Neben den Mitgliedern des VfbV kamen auch andere Sommerfrischler.
Es war im Jahre 1929. Eines Morgens tart ein Doktor Dylong aus Berlin, der die Bergwelt der Alpen schon gesehen hatte, auf die Terrasse, wo andere schon frühstückten. Er rechte sich in der Morgensonne und sagte: „Herrlich, das ist ein richtiger Sonnenhof.“ So war der Name geboren.
Kurz nach der Machtergreifung des Hitlerfaschismus erfolgte im Herbst 1933 die polizeiliche Auflösung des VfbV. Das Verbandsheim wurde geschlossen. Die Sommerfrische Räumichttal bestand aber weiter.
Eine neue Epoche begann für den Sonenhof am 8.Mai 1938. An diesem Tag wurde unter Beisein bedeutender Vertreter der Stadt und des Kreises Kamenz die Einweihung als Schullandheim vorgenommen.
Auf den Wanderkarten der damaligen Zeit wird das Anwesen als „Wandervogelunterkunft Hinterhermsdorf“ bezeichnet, weil dort Wanderer immer ein Bleibe fanden. Das Schullandheim wurde in den Kriegsjahren geschlossen.
1940 übernahm Walter Zimmer das Anwesen von seinem Schwiegervater.
Im Sommer 1945 fand hier eine größere Gruppe vertriebener Deutscher aus dem tschechischen Altehrenberg eine Notunterkunft. Gekocht wurde in einem Waschkessel auf dem Hof. Die Scheune war voll belegt.
In der schwierigen Zeit nach dem Zusammenbruch des Hitlerfaschismus, war der Sonnenhof zunächst wieder ein kleinbäuerliches Anwesen. Gelegentlich kamen Sommerfrischler und auch einige Bergsteiger fanden sich wieder ein, die sich an alte Zeiten erinnerten und hier an den Wochenenden eine einfache Übernachtung fanden. Im Werbeprospekt für die Sommerfrische Hinterhermsdorf aus dem Jahre 1952 wird neben den Hinterhermsdorfer Gasthöfen aber schon die Privatpension „Sonnenhof“ genannt. In den folgenden Jahren kam es in der Hinteren Sächsischen Schweiz zu einem Aufschwung des Tourismus. Mit der Vermietung von vier Zimmern hatte der Sonnenhof daran Anteil.
1967 übernahm das Betonwerk Coswig das Anwesen als Betriebsferienheim. Schließlich kam es an das zugehörige Kombinat. Es erfolgte ein Ausbau zu einem für damalige Verhältnisse modernen Ferienhotel mit eigener Küche und Kegelbahn. Außerhalb der Saison wurde es als Schullandheim genutzt. Jetzt waren es Arbeiter und Angestellte aus den volkseigenen Betrieben, die hier mit ihren Kindern einen außerordentlich billigen Urlaub erleben durften. Man bezahlte in der Regel 40 Mark für 2 Wochen Aufenthalt bei freier Verpflegung. In den Sommerferien war es Kinderferienlager des Kombinates.
Mit der Wende wurde es 1990 Eigentum der Treuhand. Es ist der Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit der Familie Gebhardt zu verdanken, dass dieses schöne Anwesen nicht wie die meisten anderen ehemaligen Betriebsferienheime dem Verfall preisgegeben, sondern gerettet wurde. Es ist jetzt eine beispielhafte touristische Einrichtung in der Hinteren Sächsischen Schweiz, die Gäste aus nah und fern empfängt. Darunter werden einige sein, deren Vorfahren in den Anfängen des Tourismus die ersten Spuren in dieses schöne Tal legten.
Am 4. November 2003 wird der Sonnenhof, in dem ein bedeutendes Stück Tourismusgeschichte mitgeschrieben wurde, sein 75jähriges Jubiläum als touristische Einrichtung feiern.

Der Heimatverein Hinterhermsdorf e.V. wünscht allen Natur- und Heimatfreunden einen angenehmen Aufenthalt im Räumichttal. Wir empfehlen die auf nebenstehender Tafel angeführten Wanderungen und Ausflüge. Besonders verweisen wir auf einen Besuch des Aussichtsturmes auf dem Weifberg und auf die wunderschönen Radtouren, die von hier aus auf autofreien Straßen in die Umgebung und weit hinein ins Böhmische unternommen werden können.

Heimatverein Hinterhermsdorf e.V.

Wanderungen im Elbsandstein